20th Mai 2008

Es war ein historischer Nachmittag

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RUTH TOLEDANO 16/05/2008
Es war ein historischer Nachmittag. Der 4. Mai 2008 wird für immer in den Analen der ethischen Entwicklung dieses Landes als der Tag gelten, an dem sich zum ersten Mal die Stierkampfgegner mit ihrem Protest gegen die Nationale Schande (das, was man hier Fiesta nennt und damit sogar das Wort selbst besudelt) im mit Blut beschmutzten Lager des Feindes offen gegenüberstellte. Es war gerade fünf Uhr nachmittags und der erste der sechs Stiere war eben hinausgeschleift worden, der erste von sechs unschuldigen Tieren, die zur Erniedrigung, Tortur und Ermordung verurteilt worden waren. Genau in diesem Augenblick sprangen sechs mutige Aktivisten der Fundación Equanimal in die Arena in Las Ventas, einer für jeden der Stiere, um die Abschaffung des Stierkampfes zu verlangen und Rechte für die Tiere zu fordern. Olé!
Bis zu diesem Nachmittag hatte der Protest immer nur außerhalb des Hinrichtungsplatzes stattgefunden, denn eine Arena ist genau das.
Wenn das jetzt möglich geworden ist bedeutet es, dass die nicht mehr aufzuhaltende Bewegung den Weg zu einer zukünftigen Befreiung der misshandelten Tiere weist und bestätigt. Die anderen möchten glauben machen, dass diese falschen Symbole die Essenz eines Volkes sind. Wenn das öffentliche und ungestrafte Verursachen von Schmerz bei einem Tier als Banner für die Identität einer Nation geschwenkt wird, dann wird die Befreiung nicht nur für die Stiere sein, sondern auch für all jene, die sich als ‚gute Menschen‘ ansehen, eine von den Stierkampfbefürwortern oft benutzte und ziemlich lächerliche Bezeichnung.

Bevor ich mein Spruchband in diesem Zirkus entfaltete, überfielen mich die Beklemmung und Angst, die auch die Stiere fühlen. Wirklich ‚gute Menschen‘ waren diese sechs Spanier, die an jenem Nachmittag für die Geschichte in der Schlange standen um ihre Eintrittskarte zu kaufen, sie bezahlten, sich als Publikum ausgaben, aus dem Leiden des Stiers Kraft schöpften und für einen Augenblick diesen Ort der Hinrichtung Unschuldiger in einen dezenten Ort verwandelten (dezent im Sinne der politischen Moral, mit welcher der Präsident Zapatero im Kongress dem verdrehten Konzept von dezent seinen eigentlichen Sinn wiedergab, als er durch die Anerkennung der Rechte für Homosexuelle mit der Änderung des zivilen Eherechts die soziale Gleichheit einführte). Sechs gute Menschen. Dezente Menschen. Wie entschliesst sich ein solcher Mensch, etwas Derartiges durchzuführen? Das war auch die meistgestellte Frage, nachdem man sie festgenommen hatte und sie auf den Abtransport in Polizeigewahrsam warteten. Die Frage, die sowohl von den Verantwortlichen für die Las Ventas Arena als auch von den Polizeibeamten gestellt wurde (von denen einige gestanden, dass auch sie gegen den Stierkampf sind – sie kamen offensichtlich nicht aus Coslada) (Anmerkung: in Coslada läuft ein Prozess wegen Korruption gegen eine Mafia innerhalb der städtischen Polizei). Wie kommt ihr darauf, so etwas zu tun? Die Antwort dieser sechs guten Menschen war: Unsere Ideale treiben uns dazu, denn wir sind die Stimme der leidenden Tiere. Dort unten um blutigen Sand waren nicht nur wir sechs, wir waren sehr viele. Immer mehr Pazifisten kämpfen gegen dieses grausame Idol, so wie seinerzeit auch immer stärker gegen Rassismus und Sexismus gekämpft wurde. Es ist eine junge und starke Bewegung, die sich über die ganze Welt verbreitet und die Tiere verteidigt.
Wir haben die Hoffnung, dass die Welt ein wenig besser werden und diejenigen verurteilen und bestrafen wird, die aus Gewinnsucht oder zur Unterhaltung Schmerz bereiten.

Ich war dort. Ich erkläre hiermit, dass auch ich am 4. Mai mit den sechs Mutigen in die Arena sprang.
Ich erkläre stolz, dass ich eine von ihnen bin. Ich erkläre, dass auch ich an den Haaren durch den blutigen Sand gezerrt wurde. Ich erkläre, dass auch ich mir den Fuss brach und man mich nicht in der Krankenstation der Arena behandelte. Ich erkläre, dass ich vor dem Entfalten meines Spruchbandes in diesem römischen Zirkus von Beklemmung und Angst geschüttelt wurde, genau wie die Stiere auch.
Ich erkläre, dass es mir eine Ehre war, wegen Ordnungswidrigkeit und Widerstand gegen die Obrigkeit von der Polizei registriert zu werden. Wenn die Ordnung darin besteht, einem entführten Tier Stahlspitzen und Schwerte in den Rücken zu stossen, um damit japanischen Touristen mit Kindern und Spaniern ohne Skrupel ein perverses Vergnügen zu bereiten, wenn das die Ordnung ist: Moral ist es nicht.

Herr Präsident der Regierung ich bin sicher, dass auch Sie wissen, dass die Zukunft die Abschaffung des Stierkampfes bringen wird.
Ich bin überzeugt, dass Sie sich zu den Rechten der Tiere nur noch nicht mit dem gleichen Mut ausgesprochen haben, wie Sie es bereits für die Rechte anderer misshandelter Lebewesen taten, weil wirtschaftliche Interessen und der institutionelle Druck Sie daran hindern. Ich bin sicher, dass die Ministerin Narbona, eine deklarierte Stierkampfgegnerin, die Sie nicht in die neue Regierung einbezogen haben, weil sie, nach eigenen Worten, das „ein Bild Meinungsverschiedenheit“ darstellt, in der Zukunft als bewunderte Pionierin gelten wird. Ich bin überzeugt, dass Sie öffentlich und ehrlich um Verzeihung bitten werden, so vielen Tieren Qualen bereitet und Mitbürger einem derartig harten Zugriff ausgesetzt zu haben. Ich bin auch überzeugt, dass die sechs Aktivisten gegen den Stierkampf, die in Las Ventas versuchten, die Aufmerksamkeit der nicht respektablen Menschen auf sich zu lenken und jene aufzuwecken, die sich der Lage noch nicht klar geworden sind, diese sechs Aktivisten werden irgendwann als die Ehrlichen und Dezenten des 4. Mai gelten. Das wird der Tag sein, an dem den Kindern in Spanien erzählt wird, dass das Foltern von Tieren eine Schande der Vergangenheit ist. Ich bin überzeugt, dass man Equanimal danken wird.

Quelle El Magazin

Dienstag, Mai 20th, 2008, 00:52 | STIERKAMPF | kommentieren | Trackback

2 Kommentare zu “Es war ein historischer Nachmittag”

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  1. 1 22. Mai 2008, Christine Kistler schreibt:

    WOW- ich finde den Mut und die Tat dieser sechs Aktivisten super. Menschen, die sich für unschuldige Lebewesen einsetzen… Stiere sind Lebewesen, welche fühlen, Angst haben, Schmerzen haben…genau wie auch wir Menschen. Wie können Menschen nur so grausam sein sein und Freude daran haben diese Tiere brutal und grausam zu ermordern? Ich glaube, dass jeder Mensch irgendwann einmal „erntet“ was er im Leben „gesät“ hat… ob Gut oder Böses…

  2. 2 4. Juli 2009, Susann Landes berger schreibt:

    Meinen allergrößten Respekt!!! …. und Dank!

    Hochachtungsvoll
    SusannLandesberger

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