Aus dem Tagebuch ener Tierschützerin, 15.September
Carolinchen und nächtliche Kindheitserinnerungen
Na, heute hab ich ja mal wieder was ausstehen müssen. Ich fahre wie immer zu meiner Katzenkolonie, pünktlich, auch wie immer, begrüsst mich die kleine Siamesin, die dann auch gleich mutig zu Charly ins Auto springt und hungrig an der offenen Dose Katzenfutter schnüffelt. Charly gefällt das gar nicht, aber er lässt es sich gefallen. Wohl oder übel. Denn sonst gäb’s ne scharfe Rüge von der Anführerin des Rudels (also von mir). Und so schaut er mich ganz bedröppelt an.
Gefolgt von der Siamesin begebe ich mich Richtung Zaun, da sehe ich einen seltsamen Lichtschein. Viel zu hell, um vom abnehmenden Mond zu kommen, der auch übrigens gerade von Wolken bedeckt war.
Und dieses Licht? Vorsichtig nähere ich mich…… so ein Mist. Zwei Balkone im ersten Stock, genau die, unter denen ich herumkriechen muss, hell erleuchtet und die Wohnzimmer dahinter auch. Na servus. Das kann ja heute was werden. Was machen denn die Leute am Wochenanfang mitten in der Nacht noch auf den Beinen? Deswegen steh ich ja um 2.30 h auf, damit mich niemand sieht.
Ich stelle mich ins Gebüsch und beobachte scharf beide Balkone. Ich kann keine bewegenden Schatten ausmachen. Naja, vielleicht sind die ja auf dem Sofa eingeschlafen. Kann ja mal passieren. Als ich mich gerade so ächzend einen Meter an diesem Zaun hinauf gehangelt habe, beginnt mein Handy laut zu piepen!!!!!!
Ja, zum Donnerwetter. Heut geht aber auch alles schief. Erst die Balkone, jetzt mein Handy. Das war der zweite Weckalarm für den Fall, dass ich mal verschlafen sollte. Ich springe eilends hinunter (Schmerz lass nach!!), versuche so schnell wie möglich das laut piepende Handy herauszukramen, was in solchen Situationen nie klappt. Wie konnte ich nur vergessen, das Handy auszuschalten? Mist.
Ängstlich spähe ich hinüber zu den Balkonen. Nichts rührt sich. Niemand hat was gehört. Puuuuh. Ich lasse erst mal Luft ab. Wieder hangle ich mich, dieses mal schon etwas schwerfälliger, den Zaun hinauf und lass mich auf der anderen Seite hinuntergleiten. Dabei lass ich die beiden Balkone nicht aus den Augen.
Schnell schleiche ich hinüber in meine angestammte Ecke, außer Sichtweite der Balkone und holte Futter und Wasser heraus und begebe mich in die Büsche. Dort verteile ich erst einmal in aller Ruhe das Futter. Danach kämpfe ich mich wieder durch das üppige Grün hinaus, will gerade zum anderen Futterplatz hinübergehen, dem unter den Balkonen, da………………….. oh nein, ich sehe die Glut einer Zigarette auf einem der erleuchteten Balkone, aber in einer dunklen Ecke.
Ich werfe mich zurück in die Büsche und halte den Atem an. Hat der/die mich gesehen? Wie lange war da schon jemand in dieser dunklen Ecke? Resigniert gehe ich erst einmal in die Hocke und warte. Und warte. Immer wieder spähe ich hinüber zu diesem Balkon und hoffe, dass die Zigarettenpause bald zu Ende sein würde.
Währenddessen saßen die Katzen im Halbkreis vor den Büschen uns schauten mich aus verwunderten Augen an. Klar, ihnen sagt niemand etwas, wenn sie da des Nachts über das Sportgelände spazieren. Bei mir ist das schon was anderes.
Endlich bewegt sich ein Schatten nach drinnen und ich kann endlich aus dem Gebüsch heraus. Inzwischen lag schon der andere Balkon im Dunkeln. Ein Glück. Denn sein weitreichendes Licht hätte mich verraten.
Obwohl, aus mir ist schon eine professionelle Schleicherin geworden. Gerade in dieser Wohnung leben zwei Hunde, die in den eineinhalb Jahren nur zweimal angeschlagen haben, weil sie mich gehört haben. Das ist schon ne tolle Leistung. Naja, vielleicht sind die beiden schon recht alt und taub.
Aber trotzdem, wie ich da auf Socken durch die Gegend schleiche und mich bis jetzt noch niemand entdeckt hat, nach all der Zeit……. jooooo, da kann man schon stolz sein. Hihi. Schließlich ist unsereins, die von den Jahrgängen Ende 50iger/Anfang 60iger Jahre, ja auch mit Winnetou, dem Apachenhäuptling groß geworden. Wer sich nach all den bis zur Ermüdung gesendeten Wiederholungen dieser Filme nicht abgeguckt hat, wie man schleicht, na, der lernt’s nimmermehr.
Es sei noch erwähnt, dass ich beim Indianerspielen natürlich immer die Rolle von Winnetou hatte, schon wegen meiner tollen langen Mähne, nicht unbedingt, weil ich damals schon so gut schleichen konnte. Da fällt mir gerade noch was ein, zu der langen Mähne. Es war so Ende der 60iger, ich, zwar genetisch ein Mädchen, aber nach außen hin ein Bub. Mit zerrissenen und schmutzigen Hosen (Klar, wir mussten unsere Tipis gegen die Sioux verteidigen. Und da ging es hoch her. Mein lieber Schwan), Schrammen im Gesicht und auf den Armen. Total zerzauste Winnetou-Mähne.
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