28th September 2009

Aus dem Tagebuch einer Tierschützerin 26. September

Brüderchen und Schwesterchen – die beiden Wildlinge

Martina, was ich mit diesen beiden erlebt habe, habe ich in den ganzen Jahren noch mit keiner Katze erlebt. Hier sitze ich, um halb zwei nachts und schreib Dir diese Zeilen. Eigentlich sollte ich ja noch mindestens eine Stunde schlafen, aber es war unmöglich. Der kleine schwarze Kater hat sich die Seele aus dem Leib geschrien.

Eigentlich wollte ich die beiden ja erst heute nach der Katzenrunde freilassen, aber die Schreie waren nicht mehr auszuhalten und ich befürchtete, dass irgendwann die Nachbarn hier vor der Tür stehen. Es ist unglaublich, über für eine Stimmkraft so ein kleiner Körper verfügt. Placido Domingo wäre sicher voller Neid.

Die kleine schwangere bunte Katze hatte ich ja schon vor über einer Woche eingefangen und sie wartete in der Krankenbox auf ihre Freilassung. Ich ließ sie noch so lange bei mir, um ihr Zeit zu geben, sich von der OP zu erholen. Sie stand ja praktisch vor der Geburt und die OP hat sie sehr mitgenommen. Drei Tage und Nächte jammerte sie, die arme Kleine.

Doch als ich ihr dann ihren Bruder vor ein paar Tagen brachte, war sie ruhig. Ein Glück. Sofort fing sie an zu schnurren und schmiegte sich an ihn. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

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Dieses schwarze Katerchen hat mich wirklich viel Geduld gekostet. Nach drei Wochen mit erfolglosen Versuchen, ihn mit dem Netz einzufangen, schleppte ich allmorgendlich die schwere Lebendfalle mit mir herum. Am ersten Tag schnüffelte er nur argwöhnisch daran herum, von außen, klar. Wär ja auch zu schön gewesen. Am zweiten Tag ging er hinein und fraß, doch die Falltür ging nicht zu. Mist.

Diese Katzen! Die wissen genau wie sie es anstellen müssen, um nicht gefangen zu werden. Das Bäuchlein schwebte Millimeter über dem Auslöser der Falltür und so fraß er. Aber am dritten Tag war er zu vertrauensvoll und endlich schloss sich die Falle. Der Arme. Er begann sofort erschreckt hin und her zu springen und wurde nur ruhig, als sofort eine Decke über die Lebendfalle warf. Ich habe Katzen gesehen, die sich dermaßen gegen die Gitter geworfen haben, dass sie sich das ganze Maul und die Nase blutig schlugen. Doch sobald sie nichts mehr sehen, werden sie ruhig.

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Ich schleppte das Kerlchen mitsamt Lebendfalle ächzend die Treppe hoch und trug ihn zu seiner Schwester. Sofort flitze er aus der Lebenfalle heraus und versteckte sich in der Schlafbox. Die Kleine war hocherfreut und begab sich sofort daran, ihrem Bruder das Haar zu ordnen. In der ganzen Hektik hat er sich wohl sein Fell zerzaust. Sie schnurrte überglücklich, aber er schaute aus riesengroßen, verängstigten Augen um sich herum.

Leider war Loli im Urlaub und konnte nicht kommen, um das Katerchen zu kastrieren. So musste ich warten, bis Clara Zeit hatte. Das dauerte aber sage und schreibe drei Tage. Und Nächte. Und die waren unüberhörbar. Tagsüber schliefen die beiden wir Murmeltiere, aber nachts wollten sie raus. Logischerweise. Sind ja Nachttiere.

Die Kleine hatte bisher nur halblaut vor sich hingemauzt, aber ihr Bruder……………………….. Was für Schreie der Winzling von sich gab!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich stellte ihnen mehr Futter hinein, was sie auch fraßen, doch statt eines Verdauungssschläfchens, wurde nur noch stärker gemauzt. Nach drei Tagen konnte ich das Kerlchen endlich ,total entnervt,in die Klinik zu Clara bringen. Aber was ich da anstellen musste, um ihn in die Transportbox zu kommen, damit er mir nicht ins Gesicht sprang. Das ist ein ganz ein Wilder, dieser kleine Panther.

Bewaffnet mit einer dicken Winterdecke, die ich mir notfalls vors Gesicht halten konnte, sollte er mich angreifen wollen. Mit einem Besen, um ihn auf Abstand zu halten und mit einem Wasserspray, auch, um Abstand zu halten.

Das war ein Geknurre und Gefauche von seiten der beiden. Da ich es nicht schaffte, den kleinen Schwarzen allein in die Box zu bekommen, brachte ich Clara eben die beiden. Da musste sie sich dann herumärgern, nur den Schwarzen aus der Box heraus zu bekommen. Aber das war natürlich auch wieder ein Riesenstress für die Kleine, die da mitgefangen war. Aber es ging leider nicht anders.

Vorsichtshalber hatte ich das Türchen der Box mit Klettbändern gesichert, denn die Kleine hatte die Angewohnheit, sich mit der ganzen Kraft ihres kleinen Körperchen gegen diese Türchen zu werfen, was die nicht lange standhalten. Siehe Tagebuch: Ein kleiner Wildling.

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Nach zwei Stunden konnte ich den kleinen, gar nicht mehr gefährlichen, weil noch betäubten „Panther“ wieder abholen. Clara riet mir, ihn noch nicht in der kommenden Nacht freizulassen, da sie ihm eine Extra-Dosis Narkosemittel verabreichen hat müssen. Total wild, war ihr Kommentar. Er wollte und wollte der Narkose nicht nachgeben.

Aber der Wildling war nach ein paar Stunden wieder total fit und machte seinem Unmut lautstark Luft. Ich war mir unsicher. Sollte ich die beiden schon freilassen oder nicht? Das Katerchen sah recht wach aus. Aber ich ließ es dann doch. Nicht, dass er noch unter ein Auto kommt, weil er eben doch noch etwas benommen ist.

Aber was da für eine Nacht folgte!!! Am liebsten hätte ich ihn mitsamt der Box nach draußen befördert. Er warf sich gegen die Metalltür der Krankenbox, was natürlich nachts um zwei Uhr ideal ist, um jeden Nachbarn zu wecken. Dann kratzte er wie wild in der Box, um da irgendwie herauszukommen. Dabei mauzte er natürlich lautstark. Und seine Schwester stimmte mit kräftiger Stimme mit ein. Ich war echt verzweifelt. Am liebsten hätte ich die beiden geknebelt.

Heute wollte ich die beiden eigentlich nach der Katzenrunde freilassen, doch ich konnte nicht mehr länger warten. Das konnte ich den Nachbarn nicht antun. Wenn ich nicht schlafen kann, ok. Das ist meine Sache, wenn ich mir wegen den Katzen die Nächte um die Ohren schlagen muss. Aber mit den Nachbarn sollte man sich gut stellen.

So versuchte ich dann entnervt, die beiden in die Schlafbox zu manövrieren, was nach viel Gefauche und Geknurre und mit nachdrücklichem Dirigieren mit dem Besenstiel auch klappte. Das Problem war, das Türchen an die Box zu bekommen. Meine Hände liefen Gefahr, Katzenkrallen und -zähnen zum Opfer zu fallen.

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Aber da ich ziemlich fix darin bin, Lösungen für alles zu finden, stülpte ich kurzerhand das Fangnetz über die Box und führte dann seitlich das Türchen ein, was sich natürlich ständig in dem Netz verfing. Cris war auch da und der hielt die beiden mit einem Wasserspray in Schach. Für alle Fälle. Um meine Hände zu schützen.

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Danach gings los an die Straßenecke, die nur zwei Fußminuten von uns entfernt liegt. Cris stellte die Box ab und wir ließen den beiden erst mal Zeit, sich zu orientieren. Danach öffnete mein Sohn das Türchen, das Katerchen warf sich sofort in die Büsche, wogegen die Kleine partout nicht raus wollte.

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Cris schlug leicht hinten an die Box. Nichts. Dann hob er sie an und sie rutschte raus. Statt sich in den Büschen zu verstecken, rannte sie auf die Strasse hinaus. Oh nein. Ein Glück, dass gerade kein Auto kam. Diese Avenida ist nämlich auch nachts viel befahren und ich hab Angst um die beiden. Irgendwann könnte ich sie überfahren auffinden.

Wie sie so davonrannte, sah ich, wie dünn sie geworden war. Klar, als ich sie einfing war ihr Bauch zum Platzen gespannt. Vier Junge hat sie gehabt. Von denen vielleicht nur eins oder zwei überlebt hätten.

Sie hat einen ganz lieben Charakter und hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Ihr Bruder lag immer vor der Tür der Krankenbox und jedesmal, wenn ich mich näherte, schoss sie wie eine Wilde aus der Schlafbox heraus und warf sich mit angelegten Ohren und mit ihrem ganzen Körperchen vor ihren Bruder und funkelte mich aus ihren Augen mit diesem „Noch-einen-Schritt-weiter-und-du-kannst-was-erleben“Blick an. Ja, sie hat ihn immer beschützt und sicher wird sie das auch auf der Strasse tun. Ständig hat sie sich schnurrend an ihn geschmiegt und ihn „gekämmt“.

Schade, dass ich ihnen kein besseres und vor allem sicheres Leben bieten kann, als das der Strasse. Die beiden sind ja noch so jung. Nicht mal ein Jahr alt. Die Büsche, in denen sie sich tagsüber verstecken gehören zu der Terrasse einer Bank, der Banco Santander. Vor zwei Tagen habe ich mich dort vorgestellt und nachgefragt, ob man vielleicht dort für die beiden einen sicheren und warmen Unterschlupf hinstellen könnte und auch eine Sandkiste, die dann von der hysterischen Frau (siehe Tagebuch: Das hysterische Weibsbild) täglich gereinigt werden würde.

Du lieber Himmel. Als ob ich wer weiß was ich vorgeschlagen hätte. Das ginge nicht, absolut unmöglich, hier wolle man keine Katzen. Dabei ist es eine Terrasse, die niemand benutzt, denn die Bankangestellten sind ja dort zum arbeiten, nicht zum sonnenbaden. Die Terrasse gehört eben zu diesem Häuserblock, hat aber für die Bankangestellten keinen Nutzen. Es sei denn für die Zigarettenpause. Und diese beiden Katzen bemerkt niemand, denn untertags halten sie sich im Gebüsch versteckt. Und ein winzig kleines Holzhäuschen würde da überhaupt nicht stören und eine Sandkiste auch nicht. Aber naja, was hatte ich auch anderes erwartet?

Heute morgen habe ich die beiden kontrolliert. Ja, sie sind da, an ihrer Straßenecke. Gesund und munter. Das Katerchen hat sich mir genähert. Das Kätzchen nicht. Zu frisch ist die Erinnerung an die Schmerzen und die Angst, die sie durch mich hat durchstehen müssen.

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Mal sehen, wo sie sich verstecken und schützen werden, wenn der kalte Winter kommt. Mit seinen Regenfällen. Vielleicht finde ich ja bis dahin noch einen tierfreundlichen Nachbarn, den es nicht stört, wenn irgendwo in einer Ecke seines Gartens oder Terrasse ein kleines Holzhäuschen steht.

Montag, September 28th, 2009, 23:55 | Allgemein | kommentieren | Trackback

2 Kommentare zu “Aus dem Tagebuch einer Tierschützerin 26. September”

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  1. 1 29. September 2009, Kevin&Christina schreibt:

    Hallo ach was ein schöner Bericht freue mich immer so sehr von dir zu hören und dein erlebtes zu lesen.Hab gerade wieder gedacht wie macht sie das Nacht für Nacht auf stehen keine Nacht durch schlafen ich bewundere das wo nimst du nur die Kraft her.Ja und keiner will ein Häuschen hin stellen wie kann man anderen Lebewesen nur so kalt und Herzlos sein es will nicht in meinen Kopf ich würde dir 10 Häuschen hin stellen die ganze Terasse voll ja das würde ich damit die süßen ein schönes und trockenes Nachtlager haben.Ich schicke dir ganz viel Kraft für deine Nächte.Lieben Gruß die 4 aus Winnenden

  2. 2 29. September 2009, Edith Fischer schreibt:

    Liebe Caroline,
    du bist so engagiert, das ist einfach toll von dir. Sicherlich werden viele deine Einträge lesen, auch wenn nicht immer geantwortet wird. Du kennst das ja schon.
    Auch die vielen anderen bewegten Fotos von Tieren sind immer gerne gesehen. Wo hast du nur all das her ?
    Aber, liebe Caroline, du antwortest mir überhaupt nicht, ob du mein Einschreibepäckchen (das zweite )mit Morenos und anderen Reden erhalten hast. Was ist nur los ? Kommen meine Mails bei dir nicht an ?
    Sei nun herzlich gegrüßt von Edith aus Berlin, und lass dich nicht bei deiner Arbeit entmutigen.

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